Die JIM Studie 2023 erhebt repräsentativ Mediennutzung und Freizeitverhalten der 12- bis 19-Jährigen in Deutschland – in diesem Jahr zum 25. Mal. Wie jedes Jahr haben wir im jule-Team die für lokale und regionale Medienhäuser wichtigsten Erkenntnisse der JIM Studie zusammengefasst und kommentiert.
Tageszeitung print/online
- Ein Tageszeitungs-Abo haben 40% der Haushalte, in denen Jugendliche leben. Das ist ein Anstieg von 4% gegenüber dem Vorjahr.
- Tageszeitungen werden von jeder/-m Fünften der 12- bis 19-Jährigen regelmäßig gelesen. 35 Prozent lesen mindestens einmal pro Woche Tageszeitungen.
- Die Nutzung ist allerdings gegenüber dem Vorjahr zurück gegangen: 2023 haben 11% täglich/mehrmals wöchentlich die gedruckte Tageszeitung gelesen gegenüber 14% in 2022, die Tageszeitung online nutzen 2023 9% – 2022 waren es 13%.
- Es gibt einen Geschlechterunterschied: Mehr Jungen (13%) als Mädchen (9%) geben an, täglich/mehrmals wöchentlich die gedruckte Tageszeitung zu lesen. Bei der Online-Nutzung sind es 11% Jungen gegenüber 6% Mädchen.
Die Nutzung der Tageszeitung gedruckt und online geht in diesem Jahr zurück – Nachrichtenmüdigkeit und -vermeidung kommen wohl zum Tragen. Dennoch erreicht das Medium die 12- bis 19-Jährigen, wenn auch überwiegend unregelmäßig. Da allerdings in 40% der Elternhaushalte die Zeitung verfügbar ist, kann es sich lohnen, Geschichten für jugendliche Zielgruppen aufzugreifen. Man muss sie möglicherweise so verpacken, dass die Eltern die Zeitung weitergeben.
Die wichtigsten Apps
- Nach ihren drei persönlich wichtigsten Apps gefragt (ohne Antwortvorgabe), nennen die meisten (79%) WhatsApp.
- Unverändert zum Vorjahr folgen mit deutlichem Abstand auf den weiteren Plätzen Instagram (31%), TikTok (25%) und YouTube (25%).
- Jede/-r Fünfte zählt Snapchat zu den drei wichtigsten Apps.
- Auch hier gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern: WhatsApp, Instagram und TikTok werden häufiger von Mädchen genannt, YouTube liegt insgesamt auf Platz vier, aber bei den Jungen deutlich vorne.
- Auch in der tatsächlichen Nutzung liegen WhatsApp, Instagram, TikTok auf den ersten drei Plätzen, gefolgt von Snapchat, dessen Nutzung, wie die von TikTok, 2023 sogar noch zugenommen hat.
Die Dominanz von WhatsApp als wichtigste App schafft eine Riesenchance für die Medienhäuser: Die WhatsApp-Broadcast Channel könnten ein wichtiger Zugangsweg für Jugendliche zu Nachrichten und einer Nachrichtenroutine werden – wenn die Inhalte stimmen und die Jugendlichen davon erfahren, dass die Zeitung auf WhatsApp präsent ist. Vorteil gegenüber TikTok und Youtube ist auch: Es müssen keine Inhalte aufwändig neu kreiert werden.
Informationen und Nachrichten
- Knapp zwei Drittel der Jugendlichen sind am aktuellen Weltgeschehen interessiert.
- 63% zeigen Interesse am Klimawandel, 54% am Ukraine-Krieg und 40% am Themenfeld Diversity/Vielfalt in der Gesellschaft.
- Der Anteil an Mädchen, die sich für den Klimawandel (69 %, Jungen: 57 %) und für Diversity/Vielfalt in der Gesellschaft (48 %, Jungen: 32 %) interessieren, ist im Vergleich zu Jungen höher. Jungen interessieren sich etwas häufiger für den Ukraine-Krieg (56 %, Mädchen: 52 %).
- Bei allen Themenbereichen steigt das Interesse im Altersverlauf an. Insbesondere das Weltgeschehen wird für ältere Jugendliche zunehmend interessanter – unter den 18- bis 19-Jährigen geben 76% an, sich fürs Weltgeschehen zu interessieren.
Bei den großen Ereignissen des Weltgeschehens, aber auch beim Generationenthema Klimawandel wird es für die lokalen und regionalen Medienhäuser künftig noch mehr darauf ankommen, den Jugendlichen zu vermitteln, welche Auswirkungen dies im Lokalen für sie hat. So macht man ihnen auch klar, was Nachrichten mit ihrem Leben zu tun haben.
Zugangswege zu Nachrichten
- 63% der Befragten werden mindestens mehrmals in der Woche im Familienkreis zum Weltgeschehen informiert.
- Jeweils gut jede/-r Zweite erfährt Neuigkeiten über Nachrichten im TV/Radio und durch Gespräche mit Freunden.
- Ein Drittel erfährt dies regelmäßig über YouTube, gefolgt von TikTok (30 %) und Instagram (29 %).
- Onlineangebote von TV- und Radiosendern und vorinstallierte Newsfeeds sind für etwa jede/-n Fünften regelmäßig ein Kontaktpunkt zum aktuellen Weltgeschehen, gefolgt von speziellen Nachrichten-Apps (17 %), gedruckten Zeitungen/Zeitschriften (15 %), Onlineangebote von Zeitungen/Zeitschriften (13 %) und Snapchat (10 %).
Medienhäuser, die Jugendliche erreichen wollen, tun dies sinnvollerweise auch über Instagram – oder eben, siehe oben, über WhatsApp.
Podcast-Nutzung
- Zwei Drittel der Jugendlichen hören Podcasts, 22% nutzen sie regelmäßig. Ein Drittel hingegen hört sie nie.
- Jugendliche mit formal höherer Bildung nutzen häufiger Podcasts.
- Im Vergleich zum Vorjahr hat die Beliebtheit von Podcasts insbesondere bei den Zwölf- bis 13-Jährigen zugenommen. So ist in dieser Altersgruppe der Anteil der regelmäßigen Podcasthörer*innen um vier Prozentpunkte angestiegen, während der Anteil, der nie Podcasts nutzt, um acht Prozentpunkte gesunken ist.
Digitale Medien und Schule
- Jugendliche, die ein Gymnasium besuchen, geben häufiger an, digitale Geräte im Schulunterricht zu nutzen, als Jugendliche in Haupt-/Realschulen.
- Generell gehen 63% der Befragten regelmäßig im Unterricht online, elf Prozent nutzen digitale Spiele im Unterricht.
- Was die Zugangsgeräte betrifft, wird ein Tablet von 39% regelmäßig verwendet, gefolgt von Whiteboards und Smartphones (jeweils 35%) sowie der Schulcloud (33%).
- Etwa jede/-r Vierte nutzt Smartboards (26%), jede/-r Fünfte Laptops (21%) und Computer (18%).
Wenn mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler regelmäßig im Unterricht online sind und fast 40% dafür Tablets nutzen gibt es keinen Grund mehr, die digitalen Angebot der lokalen und regionalen Medienhäuser nicht ins Schulprojekt einzubinden – die Möglichkeiten, sie zu nutzen, sind mehrheitlich vorhanden. Zusätzlich eröffnet die Einbindung von digitalen Spielen im Unterricht auch einen Ansatz für Medienhäuser, interaktive Quizze und Spiele in den Schulprojekten einzusetzen.
Fake News und Verschwörungserzählungen
- 58% sind im vergangenen Monat mit Fake News in Kontakt gekommen, gut die Hälfte mit beleidigenden Kommentaren.
- Etwa jeweils zwei von fünf Jugendlichen wurde im letzten Monat vor der Befragung mit extremen politischen Ansichten, Verschwörungserzählungen oder Hassbotschaften konfrontiert.
Auch wenn mehr als die Hälfte Fake News offenbar identifizieren kann bleibt die Erkennung von Fake News und die Quellenprüfung bzw. die Nutzung verlässlicher Nachrichtenquellen wohl die Hauptherausforderung in der Medienkompetenzvermittlung Jugendlicher.
Influencer*innen – Sinnfluencer*innen
- 64% der Jugendlichen gehen fälschlicherweise davon aus, dass Werbung bei Influencer*innen immer gekennzeichnet ist. 35% haben schon einmal etwas gekauft, weil es ihnen von einer/-m Influencer*in empfohlen wurde.
- Für jede/-n Vierte/-n fühlt sich das Verhältnis zu den Influencer*innen, denen sie folgen, wie eine Freundschaft an.
- Neben Influencer*innen sprechen Sinnfluencer*innen über ernsthafte Themen wie beispielsweise den Klimawandel oder soziale Gerechtigkeit. Die Hälfte der befragten Jugendlichen gibt an, dass sie solchen Influencer*innen folgt. Dieser Anteil steigt mit zunehmendem Alter an.
- Im Altersverlauf sinkt der Anteil an Jugendlichen, die selbst Influencer*in werden möchten (12-15 Jahre: 22 %, 16-19 Jahre: 14 %).
Sinnfluencer*innen stehen für eine Personalisierung der Auseinandersetzung mit ernsten und nachrichtlichen Themen. Nicht mehr die Medienmarke ist glaubwürdig, sondern Individuen, zu denen über Social Media eine Beziehung aufgebaut wird. Medienhäuser können dem begegnen, indem sie Nachrichtensinnfluencer*innen entwickeln – oder zumindest auf Social Media die Medienmarken mit starken Hostpersönlichkeiten verknüpfen.
Digitaler Überdruss
- 61% der Zwölf- bis 19-Jährigen empfinden das Handy oftmals als Zeitfresser (2021: 72%).
- 37% befürchten etwas zu verpassen, wenn sie ihr Handy ausschalten (2021: 44%), dicht gefolgt von 36%, die von den vielen Nachrichten auf ihrem Handy genervt sind (2021: 44%).
- Ein Drittel nimmt sich bewusst Zeit für sich, indem sie das Handy ausschalten (2021: 32%) und knapp jede/-r Fünfte fühlt sich von den vielen Möglichkeiten von Social Media überfordert (2021: 22%).
- Auch im zweiten Jahr nach Corona macht es für 30 Prozent keinen Unterschied, ob sie ihre Freunde digital oder persönlich treffen (2021: 29%).
Redaktioneller Tipp: Wie wäre es mit einer Serie zum digitalen Detox für junge Menschen? Das würden möglicherweise – siehe oben – auch die Eltern sofort an den Nachwuchs weiterreichen.